„Es wird fast keine Intelligenz gebraucht! Aber die, die man braucht, ist mehr oder weniger nicht da.“
„Komplexität ist fast immer unsinnig verschwendete Intelligenz und daher Dummheit.“
„Idiotensichere Regeln sind für Idioten, nicht von Idioten.“
„Solange im System noch Intelligenz eingespart werden kann, werden die Zielvorgaben erhöht, sodass es mit normaler Intelligenz unmöglich ist, die Ziele zu erreichen. Die Mitarbeiter werden zu billigeren Lösungen greifen und faken.“
„Der Lean-Brain- Manager meidet echte Qualität wie die Pest, er kämpft für den bestmöglichen Verschnitt.“
„Moderne Wirtschaftssysteme lassen einfach den Kunden arbeiten!“
„Lean Brain muss erzwingen, dass vom Rezept auch nicht ein Mikroprozent abgewichen wird. Dann wird alles gut. Jeder muss es ganz ohne Denken können. Niemand darf etwas anderes tun. Niemand darf irgendetwas denken oder gar etwas Besseres tun wollen.“
„Lean Brain gestaltet die Arbeit so, dass sie von jedem x-Beliebigen ausgeführt werden kann.“
„Der Universitätslehrstoff ist anachronistisch alt und könnte längst einheitlich in wundervoller Aufmachung bei Google zu fi nden sein.“
„Lean Brain macht jeden Menschen zu einem genau vorgeschriebenen Menschen-Fake.“
„Für dieses bisschen Leben wird dein kleines Hirn wohl reichen.“ | Das lernen SieNach der Lektüre dieses Abstracts wissen Sie:
- wie Sie Ihre Effizienz durch Null-Hirn steigern können,
- warum das Leben mit Lean Brain Management einfacher wird und
- wo überall Intelligenz-Einsparpotenziale liegen.
Take-Aways - Lean Brain Management bedeutet: Arbeiten mit Null-Hirn.
- Der Verzicht auf Intelligenz birgt enormes Einsparpotenzial.
- Für
viele Aufgaben benötigen wir lediglich einen Bruchteil der Intelligenz,
die bislang aufgewendet wurde: Verschnitt oder Nachahmung reichen aus.
- Jede überfl üssige Intelligenz sollte in ein System wandern, das die Aufgaben zentral zuteilt und verwaltet.
- Jede Aufgabe muss in einen intelligenten und einen Routineteil aufgeteilt werden.
- Die perfekte Fälschung ist meist besser als ein mittelmäßiges Original.
- Arbeit muss „moronisiert“, d. h. in einfache, klar defi nierte Regeln überführt werden.
- Der Rest der intelligenten Arbeit wird ausgelagert: zu den Kunden.
- Vorzeigeobjekt für Lean Brain Management ist das Callcenter: Dort herrscht das
- Lean-Brain-System bereits uneingeschränkt.
- Lean
Brain lässt sich nicht nur im Management umsetzen: Eine bessere Welt
verfügt auch über eine Lean-Brain-Armee und praktiziert Lean-Brain-Sex.
Empfehlung Vorsicht Satire! Gunther Duecks Überlegungen, wie sich die Intelligenz aus der modernen Gesellschaft möglichst schnell und umfassend hinausbefördern lässt, sind nicht nur überaus witzig, sondern sie besitzen auch – und das ist Bestandteil jeder guten Satire – einen wahren Kern. Ist es nicht so, dass wir längst von Idioten am PC, inkompetenten Callcenter-Agents, bürokratischen Umstandskrämern und egomanischen Managern umgeben sind? Dueck denkt diese Entwicklung zu Ende und treibt sie auf die Spitze: Im Namen der Effizienz, weg mit der Intelligenz! Sie kostet nur, und in ihrer typischen Ausprägung als Amateurintelligenz richtet sie noch mehr Schaden an als die schiere Dummheit. Das Echte und Wahre ist längst out, der Siegeszug des Gefälschten und Nachgemachten ist nicht mehr aufzuhalten, diagnostiziert Dueck. Die eine oder andere Redundanz verzeiht man dem Autor gern. Denn selbst wenn sein Buch nur ein Fake der altehrwürdigen Originalidee „Brot und Spiele“ ist – also die Menschen konsequent zu eine Fäkularisierung der Welt, d. h. die Verbreitung von Fakes, von „So-tun-als-ob“- Lösungen, die vollkommen ausreichen, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen. Immer der Minimalanforderung gerecht zu werden, bedeutet, nichts zu vergeuden. Lean Brain ist die Effizienzformel schlechthin, das Licht am Ende des Tunnels, das revolutionäre Businesskonzept der Zukunft. Nieder mit der Intelligenz! Lang lebe das Null-Hirn! Zwischenstopp: Waren die letzten Absätze unverständlich für Sie? Dann sollten Sie diesen Text jetzt beiseite legen, denn wahrscheinlich leiden Sie nicht unter zu viel Intelligenz. Glückwunsch! Falls Sie aber noch folgen konnten oder das bisher Gelesene gar grässlich fanden, lesen Sie bitte unbedingt weiter!
Abstract
Besser dran mit Null-Hirn
Wir leben in einer Welt, in der alle ständig über immer neue Einsparpotenziale nachdenken.
Keiner jedoch spricht davon, endlich Intelligenz einzusparen. Das würde jedoch
enorm viel bringen, weil sich eine Menge von Handlungen in der Businesswelt von
Nichtdenkern um einiges einfacher, effizienter und schneller erledigen ließen. Der Name
dieses Programms, Lean Brain, bedeutet Schlankes Hirn oder Null-Hirn: arbeiten „oben
ohne“ sozusagen. In der Realität werden Routineaufgaben von intelligenten Menschen
durchgeführt: Hochdotierte Wissenschaftler füttern Computer mit Daten, Apotheker
müssen studiert haben, womöglich nur, um die kritzelige Handschrift verschrobener
Ärzte zu lesen, Intelligenzbestien tippen den ganzen Tag Formeln ein, Schriftsteller
schreiben Texte, die niemand lesen will, Ärzte untersuchen nacheinander 15 Kinder ein
und derselben Klasse auf Windpocken, obwohl es ein Abreißrezept im Wartezimmer
auch täte – alles Beispiele für verschwendete Intelligenz. Sie sehen: Die Einsparpotenziale
in Sachen Intelligenz sind längst nicht ausgereizt.
Die Fäkularisierung der Welt
Genauso wie man für Cocktails nur einen Rum-Verschnitt benötigt,
brauchen wir für viele Aufgaben nur einen Intelligenz-Verschnitt. Alles
andere wäre Verschwendung.
Viele Bürokraten erledigen den ganzen Tag hauptsächlich dumme
Routinearbeit, verschleiern diese aber als hochintelligentes Tun, um
gut bezahlt zu werden. Wir brauchen eine Fäkularisierung der Welt, d.
h. die Verbreitung von Fakes, von „So-tun-als-ob“- Lösungen, die
vollkommen ausreichen, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen. Immer der
Minimalanforderung gerecht zu werden, bedeutet, nichts zu vergeuden.
Lean Brain ist die Effizienzformel schlechthin, das Licht am Ende des
Tunnels, das revolutionäre Businesskonzept der Zukunft. Nieder mit der
Intelligenz! Lang lebe das Null-Hirn! Zwischenstopp:
Waren die letzten Absätze unverständlich für Sie? Dann sollten Sie
diesen Text jetzt beiseite legen, denn wahrscheinlich leiden Sie nicht
unter zu viel Intelligenz. Glückwunsch! Falls Sie aber noch folgen konnten oder das bisher Gelesene gar grässlich fanden, lesen Sie bitte unbedingt weiter!
Das schnullerfreie SystemWir können der Intelligenz im Berufsleben am besten den Garaus machen, wenn wir die Menschen ganz aus der Arbeit heraushalten. Einstein, zugegebenermaßen eine intelligente Person, hat die Physik revolutioniert. Nach ihm kam eine ganze Reihe von Möchtegern- Einsteins, die seine Erkenntnisse ausgedeutet, verschlimmbessert und anderweitig bearbeitet haben. Wenn Einstein der Rum war, sind seine Nachfolger die Flasche Wasser oder maximal der Kartoffelschnaps. Brauchen wir nicht! Insbesondere Akademiker beißen sich gern an Problemen fest, die völlig irrelevant sind – weil sie „Herausforderungen“ suchen oder weil sie es einfach können. Überschüssige Intelligenz sollte aber nicht an abseitige Probleme verschwendet werden, sondern ins System wandern. Wenn das System gut funktioniert, brauchen wir bald keine Intelligenz, sprich: keine Menschen mehr. Roboter und Computer übernehmen dann die ganze Arbeit – oder eben roboterähnliche Menschen, die Dienst nach Vorschrift machen und sich nicht für intelligenter halten, als sie sind. Würden sie das doch tun, würden sie schließlich eine Menge Unsinn anrichten. Der kluge Lean-Brain-Manager wird also insbesondere die neunmalklugen Mitarbeiter feuern – damit das System ohne sie klarkommt und endlich schnullerfrei wird.
Standardisierung und Moronisierung der ArbeitAls Lean-Brain-Manager müssen Sie die anfallende Arbeit zerteilen: in den intelligenten Teil und den Routineteil. Ersterer geht an die intelligenten Leute, die auf Standardisierung hin getrimmt werden müssen, Letzterer an die anderen, die vollständig mechanisiert werden müssen. Merke: Der vorgefertigte Standard ist meist deutlich besser als die individuelle Variante. Oder anders ausgedrückt: Aufgewärmtes Essen vom Genie-Koch ist meist schmackhafter als frische 08/15-Küche. Versuchen Sie etwa Ihren Salat selbst anzubauen? Wenn ja, überlegen Sie: Ist der schneckenzerfressene, schädlingsverseuchte, mickrige Kopf aus Ihrem Garten wirklich besser als der 100 %ig schädlingsbefreite aus dem Supermarkt? Wohl kaum. Sie haben das Original, aber das gut gemachte Fake der Industrie ist meist um Längen besser. Nichts führt an der globalen Vereinheitlichung vorbei. Was nützt ein Pferd, dass nur von einem Reiter geritten werden kann? Nichts, denn es lässt sich nicht veräußern. Die Kosten von nichteinheitlichen Gütern, Meinungen, Glaubensrichtungen und Philosophien sind einfach zu hoch. Wir werden es uns künftig nicht leisten können, gleich mehrere Meinungen zu haben. Standards müssen her, für alle Lebensbereiche. Lean Brain Management will nicht, dass Sie immer wieder von vorn anfangen, sondern dass Sie sich an Rezepte und eindeutige Handlungsanweisungen halten. Nicht „Copy by Product“, sondern „Copy by Instruction“ ist die Maxime bei Null-Hirn. Das ist auch der Grund, warum das heute so verbreitete „Management by Objectives“ Unternehmen zugrunde richtet: Der Manager (meist ein Controller) sagt einfach: „Back mir 100 Pfannkuchen! Ist mir egal, wie du das machst.
Ich habe eh keine Ahnung davon.“ So was kann ja nur schiefgehen. Arbeit muss in idiotensichere Regeln gekleidet werden. Erst eine vollständige Moronisierung (von griech. „moros“ = einfältig) führt zu einem klar definierten Zielprozess.
Der Kunde im Mittelpunkt?Sie fragen sich jetzt zu Recht: Wenn ein Lean-Brain-System vorbildlich arbeitet und die Manager nur noch dafür sorgen, dass alles nach diesen standardisierten Regeln abläuft – wer macht dann die wirklich wichtige Arbeit? Bingo: der Kunde selbstverständlich. Der ist nämlich so ausgelutscht von seinem langweiligen Job, dass er in der Freizeit gern ein wenig Intelligenz einsetzen möchte: beim Anrühren von Fertigteigmischungen oder beim Zusammenbauen von Möbeln. Bretter und Schrauben liefert das Möbelhaus, den ganzen Aufbauspaß hat der Kunde. Richtig gut hinbekommen haben das Lean-Brain- Prinzip die Banken: Hier darf der Kunde nur noch zum Abschluss eines langfristigen und sehr teuren Ratenkredits in die kuscheligen Verkaufsräume. Alles andere macht er gefälligst draußen am Automaten – oder noch besser: Er kommt gar nicht mehr erst in die Nähe der Bank, sondern erledigt seine Bankgeschäfte vom heimischen PC aus. Wenn er sein Geld anlegen will, muss er auch selber wissen, in welcher Risikoklasse er investiert: Der Bankberater verkommt zum Stiftreicher und freundlichen Kaffee-Einschenker. Obwohl: Das wird bestimmt auch bald eingespart. Wenn die Kunden sich dann beschweren, genügen meist lapidare Verständnisheuchelei und der Hinweis, es doch mal im Internet zu versuchen, um ihn wieder zu versöhnen. Sie haben sich bestimmt schon gefragt, warum in diesem Text noch keine Bulletpoint- Liste aufgetaucht ist? Hier ist sie endlich. Sie befasst sich mit den probaten Gegenmitteln, sollte einer Ihrer Mitarbeiter die Frechheit besitzen, das System des Lean Brain Managements zu sabotieren, die Standards zu unterlaufen oder gar seine Amateurintelligenz einzusetzen:
• Verknappen Sie die Zeit: Stellen Sie so irre hohe Anforderungen an die Geschwindigkeit, mit der Ihre Mitarbeiter die Aufgaben erledigen müssen, dass ihnen gar nichts anderes übrig bleibt, als nach Schema F zu verfahren – und das Fake zu benutzen statt des Originals.
• Loben Sie: Wenn die Aufgaben exakt nach Vorgabe erfüllt werden, sprechen Sie Ihre Gratulation aus. Eine automatische E-Mail-Nachricht dürfte genügen, ansonsten lassen Sie ruhig auch etwas Geld springen – das Sie den Underperformern natürlich abziehen.
• Das System steht im Zentrum Ihrer Anstrengungen – nicht der Mensch! Deshalb müssen Fehler innerhalb des Systems behoben werden. Versuche, Fehlern mit Eigenintelligenz zu begegnen, müssen unterbunden werden.
Und wo funktioniert Lean Brain bereits 100 %ig? Na klar: im Callcenter. Hier herrscht das System schon heute uneingeschränkt. Wann immer Sie anrufen, werden Sie einen anderen Agenten an der Leitung haben. Alle Ihre Gesprächspartner haben allerdings eins gemeinsam: Sie haben ähnlich wenig Ahnung und dröhnen Sie mit beiläufiger Kommunikation voll. Wenn Ihnen ein Kollege mal gesagt hat, dass eine gewisse Frau Emsig ihm im Callcenter gut weitergeholfen hat, haben Sie bestimmt Frau Schlafmütz am Hörer. „Ich möchte Frau Emsig sprechen“, sagen Sie dann zwar, aber die Antwort ist: „Dies ist das Callcenter. Sie haben kein Recht, einen bestimmten Ansprechpartner zu verlangen.“ Lean Brain in Perfektion
Lean Brain in allen Lebensbereichen„Blend“ ist das amerikanische Wort für „Verschnitt“ und steckt auch in dem deutschen Verb „blenden“ im Sinne von „vortäuschen“ drin. Das trifft es ganz gut. Für Lean Brain benötigen wir nur den Blend, die billigste Mischung aus einem Körnchen Echtem (so wie das bisschen Rum, das in der Rum-Schokolade ist, neben den ganzen künstlichen Aromen) und ganz viel Fake. Hier ein paar Beispiele für eine schönere, billigere, bessere Lean-Brain-Welt:
• Lean-Brain-Armee: Wozu sollen wir eigentlich noch eine echte Armee unterhalten? Sie verschlingt zu viel Geld, und ihre Einsatzziele sind längst nicht mehr so klar wie früher. Wie wäre es mit einer gefakten Armee? Die besten Militärstrategen aller Länder beteiligen sich dann an einem internationalen Computer-Kriegsspiel-Contest und messen ihre Kräfte. Ruhm und Ehre gibt es da auch.
• Lean-Brain-Wissenschaft: Brauchen wir noch Wissenschaftler, die in verwinkelten Bibliotheken in verstaubten Büchern blättern und so tun, als würden sie sinnvolle Arbeit leisten? Unsinn: Alles Wissen der Welt wird ohnehin schon von Google eingescannt. Irgendwann reicht ein Klick im Internet und wir sind schlauer als alle Experten – denn die tragen ihr Wissen doch auch nur noch im Laptop mit sich herum.
• Lean-Brain-Sex: Verliebtsein ist schön, aber nur die ersten 18 Monate – danach schaut man sich sowieso nach anderen Partnern um und es bleiben nur Heulen, Jammern und Streit. Sex ist anstrengend. Die Lean-Brain-Generation setzt voll auf Cybersex. Es fehlen nur noch die richtigen Endgeräte. Dann sucht man sich einfach auf einem Sex-Server die passenden Partner, diese sehen dank Internet alle top aus und es gibt keinerlei Enttäuschungen mit piekenden Dreitagebärten, Hängebrüsten und schlechtem Atem. Lean-Brain-Sex ist zudem immer verfügbar, was ja beim normalen Sex meist nicht der Fall ist (Termine, Zeitdruck, Migräne, unterschiedlicher Biorhythmus usw.)
Ist Null-Hirn eigentlich menschenwürdig?Diese abschließende Frage beantwortet sich ja wohl mittlerweile von selbst. Natürlich ist Lean Brain überaus passend für unsere Gesellschaft. Für die Arbeitswelt beispielsweise benötigen wir im Grunde genommen gut konditionierte Einfaltspinsel, die wie die Ratten in der Skinner-Box funktionieren. Der Psychologe Skinner konditionierte Ratten in einem Käfig mit Licht, Leckerlis und Stromstößen auf ein bestimmtes Verhalten. Das sollte auch mit Ihren Mitarbeitern funktionieren: Ein Befehl auf dem PC-Bildschirm und schon agiert der Angestellte nach Plan. Als Belohnung gibt es Geld, zur Bestrafung wird welches abgezogen – obwohl Stromstöße auch in diesem Fall gut wirken würden. Sie denken, so etwas ist ganz unmöglich? Dann informieren Sie sich mal über Leistungslohn und Incentivierung: Derartig entlohnte Mitarbeiter sind die besten Beispiele für Fake-Menschen.
|